
EOK- und MiA-Lehrkräfte sind häufig die ersten Kontaktpersonen von Zugewanderten zur Mehrheitsgesellschaft. Sie erfüllen weitaus mehr Funktionen als die Rolle des Deutsch-Lehrenden. Da sie einen emotionalen Zugang für die Kursteilnehmenden zur Aufnahmegesellschaft bilden, tragen sie eine große Verantwortung beim Einblick in die neue Gesellschaft. Die EOK- und MiA-Kurse legen einen Grundstein für das Zugehörigkeitsgefühl zur Aufnahmegesellschaft und für das gemeinsame Wachsen an demokratischen Werten. Um die Lehrkräfte bei dieser Aufgabe zu stärken, leitete das pädagogisch und psychologisch qualifizierte Team von MIND prevention durch vier Workshoptage à vier Stunden.
Im März und April 2022 führten die Referent:innen der „Mansour Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention“ (MIND prevention GmbH) die durch das BAMF geförderte Schulung „rafiQ – gut begleiten“ mit Lehrkräften von Erstorientierungs- und „Migrantinnen einfach stark im Alltag“ (MiA)-Kursen aus der Region Hessen und Umgebung durch. Hierfür ist die EOK-Zentralstelle Hessen eine Kooperation mit der MIND prevention GmbH eingegangen.
Ziel der Fortbildungsreihe war es, die Lehrkräfte als Multiplikator:innen für die emotionale Integration von Geflüchteten und Migrant:innen zu empowern. Dabei lag ein besonderer Fokus auf der Förderung von Gleichberechtigung, der Stärkung von geflüchteten Frauen sowie auf einer Wertevermittlung in der Integrationsarbeit.
Das erste Workshopmodul am 24. März 2022 stand unter dem Titel „emotionales Ankommen: psychosoziale Effekte von Flucht und Migration“. Hier lernten die Lehrkräfte den Migrationsprozess durch die Brille der Zugewanderten wahrzunehmen und ihr seelisches Empfinden einzuordnen. Der Migrationsprozess wurde als eine „innere Reise“ beschrieben, bei der unterschiedliche Erwartungen, Ängste oder Hoffnungen auf Seiten der Migrant:innen entstehen können. Die Fragestellung, in welcher Rolle, Funktion oder Verantwortungsposition die Lehrkräfte diese Reise begleiten, stand im Zentrum einer lebendigen Diskussion des ersten Workshoptages.
Was die Begegnung mit anderen Kulturen auf dieser Reise bei Zugewanderten auslösen kann und welcher pädagogische Auftrag sich daraus für Lehrkräfte ergibt, war Inhalt des zweiten Workshoptages am 1. April 2022. Unter Rückgriff auf Hofstedes Kulturdimensionen diskutierten die Lehrkräfte Fälle interkultureller Herausforderungen im Kursalltag. „Wie reagiere ich als Lehrkraft, wenn eine geflüchtete Frau im Kursalltag Mobbing durch andere Schüler:innen erfährt, weil sie eine offene Persönlichkeit hat und ein selbstbestimmtes Leben führt?“ Diese sich wandelnden Geschlechterverhältnisse und die Erwartungshaltungen – insbesondere an Frauen in patriarchalen Strukturen – bildeten zusätzlich einen Kern der Diskussionen des zweiten Workshopmoduls.
Für Menschen aus patriarchalen Herkunftsregionen kann der Migrationsprozess enorme Entfaltungsmöglichkeiten eröffnen, aber auch zu Ängsten vor Macht- und Identitätsverlust führen. Die Fragen, wie im Kursalltag Zugewanderte für die Chancen der neuen Heimat erreicht und wie Risikogruppen von sexualisierter Gewalt geschützt werden können, verhandelte das dritte Workshopmodul am 13. April 2022. Hierfür entwarfen die Lehrkräfte in Gruppenarbeiten Konzepte zur gewinnenden Vermittlung von Gleichberechtigung. Einen besonderen Bedarf äußerten die Lehrkräfte an Handlungsschritten bei geschlechtsbezogener Gewalt. Diese wurden in einem „Erste Hilfe für Betroffene von häuslicher Gewalt“-Leitfaden festgehalten.
Neben sexualisierter Gewalt können Geflüchtete in ihren Herkunftsländern und auf der Flucht schwere traumatische Erfahrungen erlebt haben. Die Bedeutungen von Psychotraumata im interkulturellen Kontext und der Umgang damit im Kursalltag standen im Mittelpunkt des vierten Workshopmoduls am 27. April 2022. Die Lehrkräfte probten sich in traumasensibler Gesprächsführung und nahmen praktisches Handwerkszeug zur Stimulation von Aufmerksamkeit im Kursalltag mit. Den Abschluss des vierten Workshopmoduls und damit der gesamten Fortbildungsreihe bildete eine intensive Auseinandersetzung mit den ureigenen Motivationen und den Grenzen als Lehrkraft.
Das Team von MIND prevention und die EOK-Zentralstelle blickt auf vier durchweg bereichernde Workshoptage zurück. Die 16 Teilnehmenden würdigten die Praxisnähe der vermittelten theoretischen Grundlagen, die Handlungsoptionen für ihren Kursalltag und ganz besonders den intensiven Austausch mit anderen EOK- und MiA-Lehrkräften.
Wir bedanken uns bei der „Mansour Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention“ für das Schulungsangebot unserer Lehrkräfte und weisen gerne auf weitere Veranstaltungen im Rahmen des rafiQ-Projektes hin.
Leipzig: (jeweils von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr)
- 05.2022: Workshop 1 (im Raum 1 des Johanniter Ausbildungszentrums Gohlis Arkaden, Lützowstraße 11, 04155 Leipzig)
- 06.2022: Workshop 2 (online)
- 06.2022: Workshop 3 (online)
- 06.2022: Workshop 4 (online)
Anmeldefrist: 16.05.2022
Berlin: (jeweils von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr)
- 09.2022: Workshop 1
- 09.2022: Workshop 2
- 10.2022: Workshop 3
- 10.2022: Workshop 4
Anmeldefrist: 01.09.2022
Hannover: (jeweils von 14:30 Uhr bis 18:30 Uhr)
Die Veranstaltungsreihe in Hannover erfolgt in Kooperation mit der EOK-Zentralstelle Erstorientierungskurse Niedersachsen / Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung (AEWB). Sie können sich ebenfalls über die Veranstaltungsdatenbank der AEWB anmelden.
- 09.2022: Workshop 1
- 10.2022: Workshop 2
- 11.2022: Workshop 3
- 11.2022: Workshop 4
Anmeldefrist: 01.09.2022
Bei Anmeldungen und Fragen wenden Sie sich an: moritz.pieczewski@mind-prevention.com